Die Batterien von Elektrofahrzeugen sind teure und empfindliche Bauteile, deren Leistung von zahlreichen Faktoren wie der Häufigkeit des Ladens und Entladens, dem Ladesystem, den Fahrgewohnheiten und der Außentemperatur abhängt. Bislang war es für Entwickler oder Nutzer von Batterien fast unmöglich, eine zuverlässige Analyse oder Aussage über den aktuellen Zustand des Geräts zu treffen. Der von TWAICE erstellte digitale Zwilling kann diese Informationen nun liefern.
Warum altern Lithium-Ionen-Batterien, und wie kann man die Alterung verlangsamen?
Batterietechnik im Detail
Das Münchner Unternehmen TWAICE hat einen digitalen Zwilling für moderne Batterien entwickelt. Mit dieser Technologie halten Elektroautos länger und können besser gewartet werden.
Moderne Batterien in Elektroautos sind teure und empfindliche Teile. Sie machen bis zu 50% des gesamten Fahrzeugwertes aus. Jede Möglichkeit, diese Form der Stromspeicherung besser und länger zu nutzen, kann sich daher in massiven Kostenvorteilen niederschlagen. Die Leistung und Lebensdauer von Batterien hängt von zahlreichen Faktoren ab, z. B. von der Häufigkeit des Ladens und Entladens, dem Ladesystem, den Fahrgewohnheiten, aber auch von äußeren Faktoren wie der Temperatur. Jede Lithium-Ionen-Batterie (Li-Ion) altert entsprechend ihrer Nutzung und verliert an Speicherkapazität. In einem Fahrzeug wird eine Batterie nur so lange verwendet, bis die Restspeicherkapazität 70 % ihres ursprünglichen Wertes erreicht hat. Danach wächst die Gefahr der nichtlinearen Alterung. Der Innenwiderstand nimmt zu, der Strom kann abreißen und das Auto kann unerwartet stehen bleiben. Das ist zu riskant, weshalb ein frühzeitiger Tausch der alten Batterie gegen eine neue, teure, oft vorgezogen wird.
Je nach Betriebsstrategie, d.h. den Lade- und Entladeraten, dem Ladefenster oder den Lade- und Entladetiefen, kann eine schonend genutzte Batterie jedoch eine längere Lebensdauer erreichen und auch mit geringeren Restspeicherwerten sicher betrieben werden. Wenn der Nutzer also den aktuellen Zustand seiner Batterie genau kennt und die verbleibende Lebensdauer zuverlässig vorhersagen kann, kann die Batterie länger und kostengünstiger genutzt werden.
Für eine optimale Nutzung ist es daher nicht nur wichtig, den Gesundheitszustand der Batterie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu kennen, sondern auch die Alterungseffekte zu erkennen und zuverlässige Vorhersagen über die verbleibende Lebensdauer zu treffen. Die Kontrolle des grundlegenden Alterungsmechanismus ist jedoch sehr komplex. Wie bereits erwähnt, hängt die Alterung von verschiedenen Faktoren ab und ist bei jeder Batterie anders und individuell. Bislang war es für Entwickler oder Nutzer von Batterien fast unmöglich, eine zuverlässige Analyse oder Aussage über den aktuellen Zustand des Geräts zu treffen. Diese Informationen kann heute ein digitaler Zwilling liefern, der von der TWAICE-Software erstellt wird. Mit der Innovation des Münchner Technologieunternehmens ist es endlich möglich, einen genauen Überblick über die komplexen Vorgänge in einer Li-Ionen-Batterie zu erhalten.
Dieser digitale Zwilling ist im Wesentlichen eine cloudbasierte, virtuelle Kopie der tatsächlichen Batterie. Dieses Modell wird mit Echtzeit-Nutzungsdaten gefüttert. Auf diese Weise ist der aktuelle Zustand der Batterie immer bekannt. Mit diesem Wissen ist es sogar möglich, das zukünftige Alterungsverhalten für unterschiedliche Lade- und Fahrgewohnheiten vorherzusagen und zu optimieren. So ist es möglich, dass sich Batterieentwickler und -nutzer aufeinander einstellen, um eine bessere und längere Nutzung der Batterie in der Batterieentwicklung zu erreichen.
Vollgeladene Batterien beispielsweise altern bei hohen Temperaturen schneller. Durch eine Verringerung des Ladezustands der Batterie um nur wenige Prozent wird jedoch eine unerwünschte Verschlechterung begrenzt. Der optimale Zustand ändert sich jedoch mit der Alterung der Batterie und muss für jeden Batteriesatz individuell mit Hilfe der komplexen Analytik angepasst werden. Mit der digitalen Zwillingstechnik kann das System entsprechend programmiert werden. Schnelles Laden, viele Ladezyklen, ein besonders sportliches Fahrverhalten und extreme Temperaturen belasten die Batterien stark. Der digitale Zwilling erkennt diese Stressauslöser und ermöglicht rechtzeitige Gegenmaßnahmen. Eine vorzeitige Alterung der Batterie wird so vermieden.
Die Gründer von TWAICE haben die Grundlagen ihrer Software bereits während ihrer Doktorarbeit an der TU München entwickelt. Heute besteht ihr weiterentwickeltes Modell aus einem empirisch-analytischen Teil und einem datenbasierten Teil. Der empirisch-analytische Teil des Modells wird auf der Grundlage von Labormessungen erstellt, und zwar einmal pro Batterietyp, bevor es in der Praxis eingesetzt wird.
Für den datenbasierten Teil des Modells werden die von den Fahrzeugflotten im Feld gesammelten Daten verwendet, um mit Hilfe von Machine-Learning-Algorithmen ein Alterungsmodell zu erstellen. Erst die Kombination der beiden Teile des Modells ermöglicht die hohe Vorhersagegenauigkeit.
Die Alterung der Akkus hängt auch vom Lademodus ab. Es besteht immer die Gefahr, dass ein zu schnelles Aufladen des Akkupacks zu einer Verschlechterung der Kapazität und der Leistung der Li-Ionen-Zellen im Pack führt. Der digitale Zwilling kann für jeden einzelnen Ladezyklus eine individuelle Ladekurve erstellen. Dadurch wird der Akku immer mit einem optimalen Leistungsdurchsatz geladen und die Lithium-Ionen-Zellen werden nicht unnötig belastet. Das Gleiche gilt für das bidirektionale Laden. In diesem Fall speichert die Fahrzeugbatterie überschüssigen Strom bei Produktionsspitzen und speist ihn bei Bedarfsspitzen zur Stabilisierung ins Netz zurück.
Solche gezielt geplanten Ladevorgänge wären möglich, da die meisten Fahrzeuge über Nacht stehen bleiben, oft zu Hause, angeschlossen an das Stromnetz. In einem solchen Szenario ist es möglich, die Ladeleistung genau nach den Bedürfnissen und Vorteilen der Batterie oder des Nutzers zu steuern. Die Software ermöglicht die nahtlose Integration der Fahrzeugbatterie in das Heimladesystem. Dank der Daten des digitalen Zwillings kann der Nutzer die optimale Ladestrategie wählen, die in sein Nutzungsfenster passt, oder sich bewusst für einen aggressiveren Ladevorgang entscheiden. Auf diese Weise lässt sich auf Wunsch eine größere Reichweite in kürzerer Zeit erzielen.
Außerdem können die Batterien auf der Grundlage der von ihren digitalen Zwillingen generierten Daten besser gewartet und repariert werden, und eine so genannte prädiktive Wartung wird möglich. Wird zum Beispiel ein Defekt in einer Zelle festgestellt, wird eine Benachrichtigung an den Fahrer des Fahrzeugs oder den Flottenbetreiber gesendet. Die Batterie kann dann repariert werden, bevor sie ausfällt oder dauerhaft beschädigt wird.
Der digitale Zwilling und die zugrundeliegenden Algorithmen sind in zwei Softwarekomponenten aufgeteilt: Eine eingebettete Software im Fahrzeug bereitet die umfangreichen Messdaten auf und ermittelt die aktuelle Kapazität und Impedanz der Batterie. Die nun deutlich komprimierten Daten werden anschließend an die zweite Softwarekomponente, die Cloud-Plattform, gesendet, die den empirisch-analytischen Teil des digitalen Zwillings aktualisiert und den aggregierten Datensatz als Trainingsdaten für die Machine-Learning-Algorithmen verwendet, die den datenbasierten Teil des Modells betreiben. Auf diese Weise ermöglicht die Cloud-Implementierung das sogenannte Flottenlernen sowie die zentrale Vorhersage und Optimierung der Lebensdauerleistung jeder einzelnen Fahrzeugbatterie im Feld.
Über TWAICE
TWAICE unterstützt Unternehmen aller Branchen mit vorausschauenden Batterieanalytik-Software. TWAICE befähigt seine Kunden, Batteriesysteme effizienter und nachhaltiger zu entwickeln und zu nutzen und sie gleichzeitig zuverlässiger und langlebiger zu machen. Präzise Vorhersagen des Batteriezustands und der Alterung optimieren die Batterieentwicklung und -nutzung erheblich. Die exakte Bestimmung des aktuellen Zustands ermöglicht zudem die Zertifizierung von Batterien für die Wiederverwendung und die zweite Lebensdauer. TWAICE wurde 2018 als Spin-off der Technischen Universität München gegründet und hat seinen Hauptsitz in München, Deutschland. Der Kundenstamm deckt ein breites Spektrum an Branchen ab, von E-Scootern über Automotive bis hin zu stationären Energiespeichern.
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